Abstract: Carola Redzich
so zuo vnser zeiten vil die Bibel mer zerrissen dan verteütscht haben: Konfessionelle Programmatik und ihre sprachliche Inszenierung in Johannes Ecks Übersetzung des Alten Testaments (1537)
Im Jahr 1537 erscheint in Ingolstadt die erste Auflage einer hochdeutschen Bibelübersetzung, die unter den Namen ‚Eck-Bibel‘ bekannt ist. Sie gilt als erste einer Reihe von ‚Korrekturbibeln‘, die als römisch-katholische Antwort auf die Luther-Bibel von 1534 auf dem Buchmarkt erscheinen. Der Vortrag soll aufzeigen, wie Johannes Eck, katholischer Philologe und Theologe, unter dem durch die kommunikative Schlagkraft der Lutherbibel stetig zunehmenden Druck der öffentlichen Diskussion über die Partizipation von Laien am Wort Gottes einen unmöglichen Kompromiss einzugehen versucht, nämlich zum einen den Status der lateinischen Vulgata als zentralen Referenztext der alten Kirche zu verteidigen und in diesem Zuge ein an die orthodoxe Schrifttradition und das wissenschaftlich-theologische Wissenssystem gebundenes, seit Jahrhunderten praktiziertes wortorientiertes Übersetzungs-verfahren theologisch zu legitimieren und produktiv zu aktualisieren, und zum anderen einen für sich selbst verständlichen Lesetext in der Zielsprache zu produzieren, den auch der einfältige leser, der in der medialen Öffentlichkeit programmatisch zum Primärrezipienten deutscher Bibelübersetzungen erhoben wird, verstehen kann. Es lässt sich zeigen, dass ihm dieser Spagat, der einen „sprachlich ungenießbaren“ (F. W. Bautz) Text hervorbringt, zwar nur in Ansätzen gelingt, jedoch Ecks Positionierung innerhalb des konfessionellen Rechtgläubig-keitsdiskurses unterstützt, vor dessen Hintergrund erst verständlich wird, warum Luthers interpretativer Umgang mit dem biblischen Wort sowie seine humanistisch geprägte Wendung zur Sprache „der stammelnden Juden“ von katholischen Zeitgenossen als Verfälschung der göttlichen Wahrheit begriffen wird.