Abstract: Robert Peters
Theologen auf Wanderschaft. Zur Sprache westfälischer Reformatoren und ihrer Gegner
Als nach 1520 – verstärkt um 1530 – die reformatorische wie die gegenreformatorische Bewegung in Westfalen einsetzen, sind das Niederdeutsche westfälischer Prägung und in geringem Maße das Latein die Schreibsprachen der Region. Die westfälischen Schreib-sprachen wurden zur Sprache der theologischen Auseinandersetzung.
Ein nicht geringer Teil der reformatorischen Texte sind Übersetzungen: aus dem Latein, aus der Luthersprache, aus dem Straßburger Westoberdeutsch. Bevorzugtes Medium ist der Druck. Druckorte sind in chronologischer Reihenfolge: Deventer, Lippstadt, Lübeck, Münster und Köln.
Einige Reformatoren wirken in ihrem Herkunftsort oder in dessen Nähe, andere sind in hohem Maße mobil, sie wandern, bedingt durch Entlassungen, Vertreibungen und durch neue Berufungen. Hieraus resultiert ein unterschiedlicher Schreibgebrauch. Die Schreibsprache ihres Herkunftsortes gebrauchen Johann Westermann aus Lippstadt und der antireforma-torische Satiriker „Daniel von Soest“. Die Schreibsprache des nächsten Schreibzentrums, nämlich Münster, verwenden Brictius thon Noirde aus Schöppingen und Berndt Rothmann aus Stadtlohn im westlichen Münsterland. Eine Ausnahme von dieser Regel bildet Gerdt Oemeken, der, aus dem südwestfälischen Kamen stammend, die Soester Kirchenordnung 1532 in Lübeck in einer nordniederdeutsch-südwestfälischen Mischsprache drucken lässt. Die „Gruppe der Wanderer“ entwickelt idiolektale Mischsprachen. Der antilutherische Verfasser des „Deventer Endechrist“ stammt aus dem nördlichen Gelderland, schreibt aber im nördlich von Osnabrück gelegenen Kloster Malgarden und lässt in Deventer drucken. Ergebnis ist eine niederländisch-nordwestfälische Mischsprache. Thomas Borchwede, der aus Osnabrück stammt und die Reformation in Soest anstößt, schreibt in einer nordwestfälisch-südwestfälischen Mischung. Der Soester Superintendent Johann de Brune stammt aus Gent und schreibt in einer niederländisch-nordniederdeutschen Mischsprache. Auch hatte er Mühe, von den Soestern verstanden zu werden. Die Texte der westfälischen Reformatoren sind von antilutherischen Schriften eingerahmt, vom „Deventer Endechrist“ (1524) und den Werken des „Daniel von Soest“ (1533-1539).